

(Hier seht ihr uns beim Lunch in der Höhle ... angenehm kühl, im Vergleich zu den Temperaturen draußen!)
Die Beduinen scheinen trotz der nun notwendigen Neuorganisation unserer weiteren Pläne (Tagesetappen, Strecke, Abholung) recht happy zu sein, dass wir hier bleiben möchten. Für sie macht das vieles einfacher.

Telefonieren in der Wüste? Wie geht denn das? Zuerst hat Farag erzählt, es gäbe eine Telefonzelle, die man in gut 1,5 Std. mit dem Kamel erreichen könnte. Fast hätte ich's geglaubt – man weiß ja nie – was weiß ich über Telefone in der Wüste? Er hat sich vor Lachen wieder mal gekringelt, dass er uns an der Nase herumgeführt hat. Was die Beduinen als 'Telefonzelle' bezeichnen, ist ähnlich amüsant wie das, was man im Camp als 'Supermarkt' bezeichnete: Ein Beduine mit einer großen Plastiktüte, der mehrmals am Tag vorbei kam und bei dem man Zigaretten, Kekse, Knabberzeug und diverse andere brauchbare Dinge kaufen konnte. Die Telefonzelle in der Wüste ist – völlig unspektakulär – ein genau definierter Platz, der im Umkreis von Kilometern den einzigen Handyempfang bietet. Für einen Laien absolut nicht erkennbar oder gekennzeichnet, hat man genau dort – und nur dort – schwachen Handyempfang.
Wenn ich mir vorstelle, wie dieser Platz jemals entdeckt worden ist, geht meine Phantasie mit mir durch. Wie in einem Mel Brooks-Film sehe ich eine riesige Karawane von Beduinen mit ausgestrecktem Arm und Handy in der Hand nach einem genau definierten Plan, völlig strategisch ausgeklügelt, durch die unendlichen Weiten der Wüste reiten und den Handyempfang prüfen. Eine Karawane reitet von Nord nach Süd, die andere von Ost nach West. So bleibt kein Meter ungeprüft. Tage, Wochen und Monate später hat ein Reiter Erfolg. Die Nachricht verbreitet sich in der Wüste wie eine Lauffeuer und alle treffen sich an der sogenanten Telefonzelle, um voll ausgelassener Freude eine Beduinenparty zu feiern. Punkt. Telefonzelle eingeweiht. Und weil die Beduinen offensichtlich ihre ganz eigenen Mittel und Wege haben, bestimmte Punkte in der Wüste wiederzufinden, die sich mir bisher nicht erschlossen haben, kommen seitdem die Kamele von nah und fern, um ihre unaufschiebbaren Telefonate zu führen. Wen rufen die Beduinen an? Sich untereinander wohl kaum, denn dann müssten sie ja in der gleichen "Telefonzelle" stehen. Mit ihren Handys Rücken an Rücken sitzen. Rufen sie die Beduinen eines anderen Stammes an, die ihre eigene Telefonzelle weiter südlich haben? Die Auskunft? Die Wüstenwettervorhersage? Lottozahlen? Wen auch immer, ich bin mir sicher, Warteschlangen gibt es an diesen Telefonzellen nicht. Und keine beschädigten Türen und Telefonhörer. Wirklich wartungsfrei. Pragmatisch wie immer, die Beduinen.

Farag jedenfalls ruft gleich jemanden an, der für unsere Abholung mit dem Jeep verantwortlich ist. Zu zweit reiten sie in der stockdunklen Nacht los, anderthalb Stunden hin, anderthalb Stunden zurück, ohne Scheinwerfer und ohne Stirnlampen, und es ist faszinierend, wie sie den Weg finden, wie sie oder die Kamele im Dunkeln überhaupt etwas sehen können. Wie orientiert man sich? Es gibt hier im Lager genau eine Taschenlampe (also beduinenseitig), das ist so ein lustiges Ding – man schüttelt es ein paar Mal und dann hat man einen Moment lang Licht (Induktionstaschenlampe heißt es wohl richtig). So braucht man keine Batterien. Denn hier ist der nächste Supermarkt weit und Steckdosen um Akkus zu laden auch. Wie machen die das mit ihren Handys? Schütteln sie die auch? Die Welt der Beduinen wird mir wohl noch lange Zeit ein Geheimnis bleiben ...
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