Lunchbreak – Mittagspause


Inzwischen sind wie wieder "on the road" (eigentlich müsste ich sagen: "auf dem Trampelpfad"). Dies wird der erste Tag, an dem wir wirklich komplett hoch zu Kamel unterwegs sind, keine Fußmärsche, keine großen Pausen, abgesehen von unserem Lunchbreak, also unserer Mittagspause, die wir gerade einlegen. Der Ritt hierhin hat einige Stunden gedauert und nun sitzen wir in diesem wirklich tristen Tal, auf einer recht trostlosen Sand-/Geröllebene, unter einer kargen Akazie. Die Hitze flimmert über dem Boden dermaßen, dass alle Konturen verschwimmen und man einfach nur angenehm tranig wird. Jede Bewegung ist zuviel. Ich fühle mich wie in einem alten Hispano-Western ... man wartet regelrecht darauf, dass irgendwo so ein dröger Tumbleweed-Busch vorbeirollt und Clint Eastwood um die Ecke kommt, während in der Ferne der Sound einer Mundharmonika ertönt ...



Wir haben gegessen und hatten bis eben noch Besuch von einem (ur-)alten Mann, der ganz plötzlich wie eine Fata Morgana aus dem Hitzeflimmern auftauchte, hoch zu Kamel, mit einem blökenden, schwarzen Schaf in der Satteltasche. Die Beduinen stellten ihn uns als "Sheikh Faradj" vor. Ein Scheich also, ein Stammesoberster der Beduinen. Er setzte sich zu uns, trank eine Tasse Tee, rauchte mit unserem Wolfman eine selbstgedrehte Zigarette aus "Bedouin Tobacco" – was immer das war – und verschwand genauso plötzlich und unerwartet, wie er aufgetaucht war.

Nun ist Mittagsruhe angesagt. Siesta. Die Beduinen schlafen, wie immer, komplett verhüllt von ihren dicken Wolldecken, und das in dieser Hitze. Naja, so haben sie zumindest Schatten. Said liegt gleich vor mir, alles was man von ihm sieht, ist sein Dolch, der unter der Decke hervorblitzt (und an dem ich überhaupt erkenne, das dieser schlafende Deckenberg Said ist ...). Nur Adel und Ahmed sind wach, Adel ist losgeritten, damit die Kamele nicht zu weit weglaufen und Ahmed hat mir eben eine Dornschwanz-Agame* eingefangen, die ich in der Nähe entdeckt hatte. Ganz niedlich, eine kleine, vielleicht 20 cm lang. Sie war schön farbig, rot-orange gemustert, aber kaum hatte Ahmed sie gefangen, verlor sie ihre Farbe, ganz seltsam. Ich wollte sie gerne anfassen und sie war auch ganz ruhig und 'willig' (vor Schreck paralysiert ...), ließ sich von mir in der Hand halten und sogar streicheln.

Sie hatte wirklich niedliche Augen, einen Schildkrötenkopf und man konnte ihr Herz unter der Haut schlagen sehen, die ganz warm und weich war, bis auf den kratzigen Schwanz, der ganz viele spitze, keilförmige Schuppen (wie Stacheln) hatte und der schon etwas piekste, wenn er gegen den Strich durch die Hand fuhr. Als ich die Agame wieder absetzte, blieb sie erst sitzen und lief dann zielsicher auf Wolfman zu, dem sie sogleich von unten ins Hosenbein krabbelte, was natürlich für allgemeine Belustigung sorgte. Wolfman blieb erwartungsgemäß cool – ihn erschüttert so leicht nichts – entfernte die Agame sanft aber bestimmt und brachte sie wieder auf den 'rechten Weg'.

Es ist wirklich still hier. Fast alle schlafen, einige wenige lesen. Über uns in der Akazie singt ein Vogel. Schon ein einzelner Vogel macht wirklich ein überwältigendes Geräusch, hier in der Wüste. Als würde er eine Opernarie schmettern, hört es sich an – hier, wo sonst nichts zu hören ist. Wirklich schön.

Langsam werden die Beduinen wach. Einige beten. Farag und Ahmed sitzen mit einer Säge in der Akazie und schneiden Brennholz für später. Adel ist noch nicht zurück, offenbar haben die Kamele schon ziemlich Strecke gemacht ... sobald er wiederkommt, wird gesattelt, gepackt und weiter geht's, zu einem Platz, der wohl ganz besonders sein soll. Aber erst einmal liegen noch einige Stunden "meditatives Reiten" vor uns. Ich freu mich drauf und bin gespannt, was der nächste Ort so an Überraschungen birgt.



* Bei Wikipedia habe ich einen Artikel über Dornschwanz-Agamen gefunden. Unsere war eine 'geschmückte Dornschwanzagame' (Uromastyx ornata). Unten ein farbenfrohes Exemplar aus dem Coloured Canyon. Wer mehr wissen will: http://de.wikipedia.org/wiki/Dornschwanz-Agamen

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