Hallo, as salam alaikum!

Soviel ist geschehen in den letzten Monaten, und plötzlich steht meine Abreise in die Wüste unmittelbar bevor! Morgen früh geht es los, meine Tasche ist gepackt und unter Auferbietung meiner letzten Nerven auch endlich verschlossen. Uff!! Dass so wenig Sachen so schwer zu verpacken sein können. Einerseits frage ich mich andauernd, ob das wirklich alles sein kann, andererseits kommt es mir schon fast zuviel vor. Da ich mich aber genau an die Packliste gehalten habe, wird's schon richtig sein. Was nehme ich mit? Einen Schlafsack, eine Isomatte, erschreckend wenig Kleidung, eine Taschenlampe und diversen Kleinkram, der mir dennoch unverzichtbar erscheint. Mein "Survival-Equipment" wurde komischerweise immer mehr, je länger ich packte, seltsames Phänomen!

In den letzten Wochen habe ich mich zwischendurch immer wieder einmal gefragt, woher diese plötzliche – für mich selber überraschende – Sehnsucht nach der Wüste überhaupt kam. Ich denke, es hat hier bei blogger.com begonnen, als ich im letzten Jahr einen fesselnden Bericht über eine Reise nach Mali gelesen habe. Wie dort die Atmosphäre und das Leben in der Wüste beschrieben wurde, das war so wunderbar bildhaft und lebendig, das hat damals einen tiefen Eindruck bei mir hinterlassen. Die immense Ruhe, die Einsamkeit, die wilde Schönheit der Wüste, die Lebensumstände der Menschen, die dort heimisch sind – all das wollte ich auch erfahren, weil es für mich, von meinem "sesshaften", mitteleuropäischen Blickwinkel aus betrachtet, so irreal und abstrakt erscheint. Auch wenn es in meinem Fall nicht Mali und die Tuareg sein werden, sondern der Sinai und die Beduinen, ich bin mir sicher, es wird ein beeindruckendes Erlebnis werden.

Für mich ist alles, was jetzt auf mich zukommt, ein "erstes Mal". Mit mir (im Moment noch) fremden Menschen zu verreisen, im Freien zu übernachten, ganz ohne Zelt (bis auf das große Himmelszelt natürlich) ... das sorgt schon für eine gewisse Unruhe in mir. Nicht Angst, mehr eine Art "nervös aufgeregte Vorfreude" ... auf die Abende am Lagerfeuer mit den Beduinen, das gemeinschaftliche Essen am Feuer (im Dunkeln..!?), die Kamele, die den größten Teil unseres Gepäcks tragen werden ... und hin und wieder wohl auch uns – noch so eine Sache, die ich mir nicht vorstellen kann: ein Kamel zu reiten! Aber wer weiß, am Ende kann ich mir eventuell nicht mehr vorstellen, in Zukunft KEIN Kamel mehr zu reiten ..! Ich bin wirklich sooooo gespannt auf all das Neue, das auf mich wartet, die neuen Eindrücke, Erfahrungen und Einblicke in eine ganz andere Welt.

Fast alle Menschen, die mir von ihren eigenen Wüstenerfahrungen erzählt haben, stimmen in einem Punkt überein: Sie sagen, niemand käme gänzlich unverändert aus der Wüste zurück. Der Aufenthalt dort hätte einen heilsamen Effekt, würde die Gedanken klären und unsere Wahrnehmung der Dinge verändern. In einem Buch habe ich gelesen, das eigentliche Gepäck, das jeder mit in die Wüste brächte, und das die Kamele einem nicht abnehmen könnten, wäre nicht in der Reisetasche, sondern im Kopf. Dass man am sogenannten "Seelengepäck" schwerer trüge als am eigentlichen Gepäck, und das eben dieser "Ballast" mit jedem Tag in der Wüste leichter würde.

Tja, ich lasse mich überraschen, ich möchte nicht mit irgendwelchen festen Erwartungshaltungen in die Wüste gehen, ich möchte offen für alles Neue sein und genug Spielraum für das lassen, was einfach passiert.

So, jetzt sind es nur noch wenige Stunden bis zum Abflug und ich versuche besser, ein bisschen zu schlafen, bevor es los geht: von Köln über München nach Taba, von da nach Nuweiba und dann – in ein paar Tagen – endlich in die Wüste!

All denen, die in letzter Zeit vergeblich auf Nachricht von mir gewartet haben, die nicht kam: bitte nicht böse sein, ich habe es einfach nicht mehr geschafft, zu mailen oder zu telefonieren. Ich melde mich wenn ich zurück bin, im April – insha'allah, so Gott will und ich genügend "Metta" habe ...

Bis dahin ... Kussi, Tschüss, Beslama ... wünscht mir trockenes Wetter und wenig Wind, damit die Nächte nicht ganz so grauselig kalt werden!

Euer Lawrence... äh, Lilli von Arabien

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