Bedouin Partytime


Wieder ein Tag vorbei. Was ist passiert? Manchmal ist es schwer, sich zu erinnern, alles verschwimmt, die Tage und Nächte scheinen endlos und gehen doch so nahtlos ineinander über ... Gestern sind wir nach dem Sandsturm in ein anderes Wadi geritten, am Fuße einer großen Düne und haben dort den Tag mit Nichtstun verbracht, im Schatten der von den Beduinen gespannten Tücher herumgelegen, uns in der Sonne geaalt, gegessen, geträumt, gelesen ... und über Farags andauernden Aprilscherze gelacht. Die Beduinen lieben ganz offenbar unsere deutsche Tradition, die Leute "in den April zu schicken". Das scheint ihrem Humor sehr entgegen zu kommen, jedenfalls haben sie reichlich Gebrauch vom 1. April und seinen Scherzen gemacht.



(Die Beduinen spannen Tücher an eine Akazie, da es heute weit und breit keinen Schattenplatz gibt ...)

Irgendwann gegen Mittag kam Adel zu uns hinüber und fragte, ob wir Lust hätten, abends eine "Bedouin-Party" zu feiern. Klar hatten wir! Wir hatten zwar nicht die geringste Ahnung, was auf uns zukommen würde, dennoch waren wir ganz wild drauf, das würde bestimmt lustig werden. Maria und Hans-Jürgen meinten, es gäbe sicher Musik und Tanz. Nur zu!

Nach dem Abendessen ging es dann auch gleich los. Vor dem Hintergrund des aufgehenden Vollmondes sangen und musizierten Farag und die anderen. Es hörte sich wirklich schön an, das Trommeln, das Klatschen, der Gesang. Einige von ihnen stellten sich in einer Reihe auf und begannnen einen Tanz, für den Adel sich in eine Art Umhang hüllte. Sie luden uns ein, mit ihnen zu tanzen, was wir zunächst unter Kichern und Lachen ablehnten, aber irgendwann ließ sich Wolfman doch überreden und machte mit. In zwei Reihen gingen alle aufeinander zu, klatschend, im Rhythmus der Musik, in die Hocke, wieder aufstehen, usw. So ging es hin und her. Nach einiger Zeit konnten auch Eva und ich uns nicht mehr wehren und mussten mitmachen, was bei den Beduinen für allgemeines Gelächter sorgte ... wie wir da alle aufeinander zuliefen, uns verbeugten, mitklatschten – und nicht die geringste Ahnung hatten, worum es überhaupt ging. Aber lustig war's.



Später erzählten sie uns, dass der Tanz eine Art "Werbungstanz" ist, der auf Hochzeiten und bei anderen Feierlichkeiten der Beduinen getanzt wird. Normalerweise stehen Männer und Frauen sich gegenüber in zwei Reihen und tanzen aufeinander zu, bewegen sich verführerisch, versuchen Eindruck zu machen (besonders die Männer lassen sich wohl immer ausgefallene "Kunststücke" einfallen, um den Frauen zu imponieren). Traditionell ist dies eine der wenigen Möglichkeiten, Blickkontakt – oder gar Körperkontakt – mit dem anderen Geschlecht aufzunehmen, ohne dass es ungehörig oder verboten wäre. Für uns war es natürlich eher lustig, sonderlich "lasziv" oder romantisch kam es bei all der Lacherei und dem Gekicher jedenfalls nicht rüber. Spaß hat's trotzdem gemacht. Und das Eis zwischen uns und den Beduinen weiter gebrochen ...

Anschließend haben wir noch gemeinsam äußerst lustige Spiele gespielt, die im Laufe des Abends immer zwangloser wurden und nach und nach von ersten, schüchternen Augenkontakten (natürlich rein im Sinne des Spiels!) bis zu harmlosen Händchenhalten und anderen unschuldigen Körperkontakten führten. Alles Dinge, die den Beduinen in einem formelleren Rahmen nicht erlaubt wären, schon gar nicht im Umgang mit fremden Frauen, bzw. Touristen. Aber als Bestandteil der Spiele taten wir alle so, als wäre es ganz normal. Trotzdem – man merkte den Beduinen deutlich an, wie aufregend sie das alles fanden. Sie kicherten und tuschelten wie pubertäre Jungs auf dem Schulhof – niedlich! Es war wirklich süß und ganz unschuldig und zum ersten Mal merkte man deutlich, wie jung sie alle noch sind. Sie kugelten sich vor Lachen auf dem Boden, wischten sich die Lachtränen aus den Augen und waren absolut albern. Und das alles ganz ohne alkoholische Motivationshilfe! Herzerfrischend, so eine ungetrübte und ungespielte Fröhlichkeit, jenseits aller Coolness und männlichem Imponiergehabe. Bei uns im Westen würden sie so aber vermutlich nur wenige Frauen "betören" ...

Es war ein wirklich magischer Abend: die Tänze, der schöne traditionelle Gesang, die Musik, die Spiele, die ganze Stimmung war so ausgelassen und dabei so friedlich ... nicht zuletzt verstärkt durch das Mondlicht und die ganze Atmosphäre in dieser lauen Frühlings-Wüstennacht. Nirgendwo sonst hätte man sich diesen Abend vorstellen können als hier. Einfach nur schön!

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