Nomadenleben


Je näher der Abschied kommt, desto bewusster wird mir, wie sehr ich mich an dieses Leben gewöhnt habe und dass es mir irgendwie fehlen wird. Alles ist mir so vertraut geworden, die täglichen Abläufe haben in ihrer Regelmäßigkeit etwas so friedliches und beruhigendes ... mit der aufsteigenden Sonne aufzuwachen, sich zu den Beduinen ans Feuer zu setzen, dort zu frühstücken und die ewig gleiche Frage nach dem Tee ("... what do you want: Nana, Karkadeh or Bedouin tea ..?") zu beantworten. Der morgendliche Kamelritt – immer so früh wie möglich, um der gleißenden Mittagshitze zu entgehen und den Lagerplatz für die Mittagsrast zeitig zu erreichen.

Die immer gleichen, fast rituellen Arbeitsabläufe der Beduinen zu beobachten: das Absatteln der Kamele (das einem genau festgelegten Prinzip folgt), das Entfachen des Feuers, das Schneiden des Gemüses für die obligatorische Suppe ... alles ist genau durchdacht, geprägt von der lebenslangen Erfahrung der Beduinen in der Wüste: während die einen noch das Gepäck entladen, entzündet ein anderer schon das Feuer. Zeitgleich wird im Schatten der Lagerplatz aus Decken und Kamelsätteln errichtet.


(Das stetige Auf- und Abladen der Kamele gehört zum immergleichen Tagesablauf. Ebenso wie das Brennholz sammeln und auf dem Kamel verstauen ...)

Sobald das Feuer brennt, steht auch schon der Tee in den Flammen, während an wieder anderer Stelle der Teig für das Fladenbrot zubereitet wird. Kocht der Tee, wird er seitlich in die kühlere Glut gezogen, dafür kommt der große Kochtopf aufs Feuer, in dem das Wasser für die Suppe erhitzt wird. Inzwischen ziehen sich die Beduinen zum Waschen und Beten zurück, was immer exakt dem Zeitraum zu entsprechen scheint, den es braucht, bis die einzelnen Zutaten für die Suppe nach und nach in den Kochtopf gegeben werden müssen. Das Brot wird auf einem extra Feuer gebacken, an dem meist zwei Beduinen sitzen, einer der Kugeln aus dem Teig formt und ein anderer, der daraus die Fladenbrote backt. Das alles hat in seiner Gleichförmigkeit trotz aller Aktivität auch etwas sehr Meditatives.




Sobald wir alle versorgt sind und unsere Suppe gegessen haben, ziehen sich die Beduinen zum Schlafen zurück, zumindest einige, zwei bleiben meist bei uns, um das Feuer im Auge zu behalten und beizeiten nach den Kamelen zu sehen. Danach wird erneut gebetet, alles wieder zusammengeräumt, die Kamele werden eingefangen, systematisch bepackt und weiter geht's, durch die endlose Stille der Wüste, bis zum Nachtlager, wo sich das ganze Prozedere 1:1 wiederholt. Allerdings ist abends das Essen meist aufwändiger und die Zubereitung erfordert mehr Vorbereitung und Mithilfe, außerdem müssen die Kamele gefüttert werden und wir alle müssen unsere Nachtlager suchen und vorbereiten, solange es hell ist.




Trotzdem, genau genommen wiederholt sich der oben genannte Ablauf ständig, meist zweimal am Tag, tagein, tagaus. Wüstenalltag, zumindest für uns. Bestimmt sieht ein normaler Beduinenalltag noch einmal anders aus, obwohl er sicher in seinen Grundeigenschaften dem gleichen Prinzip folgen wird: das ewige Be- und Entladen der Kamele, die ständig wechselnden Lagerplätze, das lebensnotwendige Feuer, der traditionelle Tee ... ein Nomadenleben.

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